RheinVokal aktuell
Das Wochenende bei RheinVokal: Vier junge Sängerinnen verwandelten den Dianasaal von Schloss Engers in die Liebesinsel der Zauberin Armida. Sopranistin Hannah Morrison zeigte Bach von seiner weltlichen Seite.
Charismatische Stimmen für Armida
Wenn diese vier jungen Sängerinnen in die Rollen von Armida und Rinaldo schlüpfen, bleibt kein Auge trocken: Mezzosopranistin Shai Terry und ihre Kolleginnen Larissa Botos, Julie Grutzka und Sonja Grevenbrock überzeugten auf ganz Linie bei der Armidagala des Festivals RheinVokal. In elf wundervollen Opernarien von Händel bis Dvořák erzählten sie die tragische Geschichte vom Kreuzritter und der Zauberin, die erst Feinde waren, dann zum innigen Liebespaar wurden und am Ende vom Krieg wieder getrennt werden. Der Dianasaal von Schloss Engers diente als üppiges Zauberreich für die verzaubernden Gesänge der Armida und ihres Ritters.
Wie die israelische Mezzosopranistin Shai Terry Händels „Cara sposa“ sang und sich in der großen Rinaldo-Szene von Vincenzo Righini den wechselnden Stimmungen hingab, war schlicht meisterlich. Larissa Botos lotete mit ihrem vollen, tiefen Mezzosopran alle Nuancen in Händels „Lascia ch'io pianga" aus und überzeugte ebenso im lieblichen Cantabile von Giuseppe Sarti. Als Armida trat Sonja Grevenbrock gleich in mehreren großen Szenen auf – bei Sacchini und Gluck mit dem tragischem Gestus der französischen Oper, bei Righini mit gleißenden Koloraturen. Sopranistin Julie Grutzka schwelgte in Dvořák und in Mozarts „Ridente la calma“. Dass diese Ariette eigentlich von Myslivecek stammt, gehörte zu den kleinen Geheimnissen des Programms, die Claudia Eder in ihrer Moderation offenbarte – mit Stil und Stimme wundervoll vorgetragen. So erfuhr man auch, dass sich hinter der großen Rinaldo-Scena von Johann Christian Bach eigentlich ein Rondo von Michele Mortellari verbirgt und dass Righini in seiner Rinaldo-Scena eine Arie seines Kollegen Anfossi zitierte. Diese „Gost Writer“ erhöhte die Zahl der aufgeführten Komponisten auf elf. Am Steinway-Flügel begleitete Hedayet Djeddikar höchst sensibel in allen Partien, mal tonmalerisch schillernd, mal sanft säuselnd oder mit tragischem Gewicht. Die Oboistin Shaghayegh Shahraby, Stipendiatin der Villa Musica, erweiterte das Bach-Mortellari-Rondo und die Bravourarie von Righini zum Trio. Begeisterter Applaus im vollen Dianasaal – besonders für Claudia Eder, die das höchst anspruchsvolle Programm in der Villa Musica in Mainz mit den Sängerinnen einstudiert hatte. Barbara Harnischfeger, die Vorsitzende von FREUNDE DER VILLA MUSICA, rundete den gold glänzenden Sommernachmittag durch ihr Interview mit Claudia Eder ab – Einsichten in die faszinierende Welt des Gesangsstudiums.
Operngala Armida
Sonntag, 17.7., 17 Uhr – Schloss Engers
Shai Terry und Larissa Botos, Mezzosopran | Sonja Grevenbrock und Julie Grutzka, Sopran | Hedayet Djeddikar, Klavier | Shagayeh Shahrabi, Oboe | Claudia Eder, Einstudierung und Lesung
Arien und Duette aus Armida-Opern von Händel, Gluck und Myslivecek, Sacchini, Sarti und Righini, Johann Christian Bach und Dvořák
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Bach pur in der Sayner Hütte
Wenn Hannah Morrison Bachs Hochzeitskantaten singt, zieht die Leichtigkeit des Seins in den Konzertsaal ein: Wie scheinbar mühelos die Kölner Sopranistin zehn der schwersten Sopranarien von Bach in einem Programm bewältigte, war bewundernswert. Von „Weichet nur, betrübte Schatten“ bis zum „Seid vergnügt, beide Beide“ zog sie alle Register des weltlichen Bach in den beiden Hochzeitskantaten BWV 202 und 210. Der schwerelose Sopran der schottischen Sängerin war schon bei den größten Festivals zu bewundern, etwa bei den BBC Proms in der Royal Albert Hall unter Johan Eliot Gardiner. Auch die Gießhalle der Sayner Hütte mit ihren weiten Gewölben füllte sie ohne Anstrengung, souverän phrasierend, textverständlich in jedem Satz, mit genau der richtigen, fein geführten, aber expressiven Linie und bewundernswerter Sicherheit in den extremen Lagen. Was Bach seiner zweiten Ehefrau Anna Magdalena in die „geläufige Gurgel“ schrieb, war bei Hannah Morrison bestens aufgehoben. Für den festlichen barocken Originaklang sorgte das Ensemble Harmonie universelle. Der Kölner Barockgeiger Florian Deuter, die argentinische Geigerin Mónica Waisman und ihr Ensemble betteten den Gesang in festliche Barockgemälde aus Traversflöte, Barockoboe, Streichern und Cembalo ein. Das 5. Brandenburgische Konzert diente als angemessen höfisches Intermezzo mit einem kaltblütigen Virtuosen am Cembalo: Michael Borgstede.
Bach pur
Samstag, 16.7., 19 Uhr – Sayner Hütte, Bendorf-Sayn
Hannah Morrison, Sopran | Harmonie Universelle | Florian Deuter und Mónica Waisman, Barockvioline und Leitung
Bach: Zwei Hochzeitskantaten für Sopran:
„Weichet nur, betrübte Schatten“, BWV 202
„O holder Tag, erwünschte Zeit“, BWV 210
Brandenburgisches Konzert Nr. 5, BWV 1050